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Flüchtlingspolitik – Wie miteinander leben?

Eine Woche vor der Gemeinderatssitzung, in der Unterbringungsmöglichkeiten für Flüchtlinge und der „Masterplan Asyl“ öffentlich vorgestellt werden, folgten zahlreiche Rheinstettener der Einladung der Grünen in den Rösselsbrünnle-Saal. Nach Begrüßung von Marianne Marburger für den Kreisverband Ettlingen stellte Gemeinderätin Babette Schulz zunächst die beiden Referentinnen und die aktuelle Situation in Rheinstetten vor.

 

Franziska Brantner begann ihren Vortrag mit der Beschreibung der Situation, aus der Flüchtlinge zu uns kommen. Der einzige Ausweg sei für viele nur die illegale Flucht nach Europa. Die Flüchtlinge stammen aus allen Gesellschaftsschichten – vom ungelernten Arbeiter bis zum Arzt. Aktuell liege ihr besonders die Situation von Frauen und Kindern in den Flüchtlingsunterkünften am Herzen. Sie bräuchten eigene Rückzugsräume und müssen besonders vor Übergriffen geschützt werden. Diese Maßnahmen seien kein „Luxus“, wie ihr bei den Verhandlungen zum Asylpaket 2 entgegengehalten werde, sondern entscheidend für gute Integration. Zu den Vorfällen an Silvester in Köln sagte Franziska Brantner, dass sie das Problem nicht im geltenden Asylrecht sehe, sondern in mangelndem Polizeieinsatz. Sie freue sich, dass die CDU aufgrund der Kölner Ereignisse ihre Blockadehaltung bei der Verschärfung des Sexualstrafrechtes geändert habe. Grünes Ziel bleibe, dass sich Frauen im öffentlichen Raum angstfrei bewegen können. „Wenn eine Million mehr Menschen in Deutschland leben, braucht es auch entsprechend mehr Personal bei der Polizei und anderen Behörden. Es kommen schließlich Menschen, keine Heiligen.“ so Brantner weiter. Flüchtlinge hätten aufgrund ihres Status auch keine Sonderrechte, wenn sie Straftaten begingen. Die Straftat habe höchstens eine Auswirkung auf das Asylverfahren, aber das werde derzeit verhandelt, konkretisierte die Abgeordnete auf Nachfrage. Straffällige Personen abzuschieben sei allerdings nicht so einfach. Dafür müsse das Herkunftsland zustimmen, und dem Flüchtling dürfen dort keine Folter und sonstige Repressalien drohen.

 

Abschließend gab sie zu bedenken, dass nicht zuletzt die Landwirtschaftspolitik der EU ein Grund für die aktuellen Fluchtbewegungen sei. Beispielsweise tragen die Milch-Exportzuschüsse dazu bei, dass gerade in Afrika die lokale Lebensmittelproduktion geschädigt werde und Bauern ihre Existenzgrundlage verlieren.

 

Barbara Saebel berichtete von der Situation in Ettlingen, wo sie als Stadträtin die Flüchtlingsunterbringung mitgestaltet. Man lege Wert auf eine dezentrale Verteilung der Unterkünfte auf alle Ettlinger Stadtteile. „Wenn Flüchtlinge nebenan wohnen, kommt man schneller mit ihnen in Kontakt und kann sie als Menschen kennenlernen“, begründet Saebel. Demselben Zweck diene auch ein Begegnungscafé im Stadtzentrum, das als Begegnungsplattform für ehrenamtlich engagierte Bürger und Flüchtlinge diene. Sie begrüße es, dass die Pläne zur Unterbringung der Flüchtlinge in Rheinstetten in dieselbe Richtung gehen.

 

An vielen Stellen seien kreative Lösungen zur Verbesserung der Integration gefragt, wie zum Beispiel mehr Berührungspunkte zwischen den Schülern aus den Integrationsklassen und den einheimischen Kindern. „Zum Fussballspielen und für Musik braucht man zunächst nicht viele Sprachkenntnisse“, schlägt Saebel vor. Hier könnten Ansätze für ein gemeinsames Lernen geschaffen werden.

Saebel wies darauf hin, dass unsere alternde Gesellschaft auf Einwanderung junger Menschen angewiesen sei. Schon aus diesem Grund müssten wir alles daransetzen, dass die Integration gelinge und aus Flüchtlingen selbständige Bürger werden.

 

Der Abend klang in kleineren Gesprächsrunden aus.

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